Archiv: Allgemein

Teuffel von Pirkensee war nicht der Satan

Siglinde Buchner stellt die markgräflichen Oberamtmänner vor

teufel

Auf den Oberamtmann Teuffel von Pirkensee bezieht sich der Text dieser Wandtafel in der Weißenburgerstraße.

„Der Teufel einst die Stadt regierte…“ So beginnt der auf Anhieb etwas seltsame Spruch an der Wand eines Hauses in der Weißenburgerstraße, der  aus einem Gedicht des Heimatkundlers Hans Bach stammt. Er skizziert die Gunzenhäuser Gesellschaft des Jahres 1721, in der die Namen des Oberamtmanns Carl Wilhelm Teuffel von Pirkensee, des Dekans Jacob Ernst Herrgott und des Wirts Georg Caspar Hunger in der Fortsetzung  einen schönen Vers ergeben: „…der Herrgott in der Höll‘ logierte, der Hunger aber, welch ein Graus, schaut zum Brückentor hinaus!“ Gemeint ist also keinesfalls der Böse in Gestalt des Satans. Siglinde Buchner stellt den Gunzenhäuser Oberamtmann, also den Statthalter des Ansbacher Markgrafen, im neuen Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ vor.

Auf eine Reihe von markgräflichen Vollstreckern ist die Autorin bereits in früheren Jahrbüchern eingegangen. 1714 bis 1742 amtierte Carl Wilhelm Teuffel von Pirkensee im Gunzenhäuser Oberamtshaus, dem heutigen Rathaus am Marktplatz, wo Markgraf Carl Wilhelm Friedrich 1757 gestorben ist.  Übrigens: sein gleichnamiger Sohn war der letzte Verwalter in der Stadt. Beide leiteten das Oberamtmann 63 Jahre lang. Sie stammten aus einem oberpfälzischen Geschlecht. Vater Carl Wilhelm, um den es hier zunächst geht, besuchte in Ansbach die Kadettenkompanie und heiratete 1798 Maria Sophia Magdalena Groß von Trockau. Beide hatten acht Kinder. Die Frau starb schon mit 30 Jahren. Zehn Jahre danach heiratete er Freifrau Sibylla Franziska von Hessberg. Wie Siglinde Buchners genealogische Forschung aufzeigt,  heiratete die Tochter Charlotta Maria Sybilla Paul Martin Eichler von Auritz, der das Palais Zocha (heute Stadtmuseum) übernahm. Dieser ließ ferner Schloss Dennenlohe sanieren (1734). Die dritte Heirat von Carl Wilhelm mit Christina Eleonora von Seckendorff währte nur zwei Jahre, dann starb sie. Nur drei Monate danach folgte ihr der Ehemann (mit 62 Jahren).

Der „Platzhalter“ hatte offenbar bei Markgraf Carl Wilhelm Friedrich einen Stein im Brett, denn der Regent besuchte ihn als er krank war und versprach ihm, für seine Hinterbliebenen zu sorgen. Bei seinem Begräbnis erklang übrigens der Choral „O, du schnödes Weltgebäude…“

Der letzte Oberamtmann

In der Husarenkompanie des Markgrafen diente Sohn Carl Wilhelm bevor er Maximiliane Christiane von Arnim ehelichte, die ihm drei Kinder schenkte.  1764 kaufte der zweite Pirkensee-Oberamtmann (er diente von 1758 bis 1793 in gleicher Funktion wie der Vater) das Hofgartenhaus (heute Haus des Gastes).  Nach der Abdankung des letzten Markgrafen Alexander und dem Übergang des Landes an Preußen wurde er Justizamtmann. 1793 starb er. Seine Gruft kann heute noch am ehemaligen Friedhof (heute Ärztehaus) angesehen werden.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ ist für 15 Euro im örtlichen Buchhandel erhältlich.

Slow Food-Bewegung kritisiert Minister

Verband spricht von „barem Unsinn“ Schmidts

Empörung, Schelte, Hohn und Spott. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hat mit seiner Verbotsforderung für die Bezeichnungen vegetarischer und veganer „Würste“ und „Schnitzel“ eine heftige Abfuhr bekommen. Nicht nur der Deutsche Vegetarierbund und die Herstellerfirmen wehren sich gegen den Vorstoß. Auch von den Verbraucherschutz-Ämtern kommt deutlicher Gegenwind. Und das zu Recht: Das zentrale Argument von Schmidt, dass die Pseudo-Fleischgerichte eine „komplett irreführende“ Bezeichnung hätten und damit den Verbraucher verunsichern oder gar täuschen, ist barer Unsinn. Niemand wird hinter einer Veggie-Salami etwas anderes vermuten als ein Produkt, das von der Lebensmittelindustrie mit vegetarischen oder veganen Zutaten auf einen salamiähnlichen Geschmack und entsprechendes Aussehen hingetrimmt wurde. Dasselbe gilt für vegetarische Bratwürste, Soja-Rinderfilet, vegane Griller und ähnliche Ersatzangebote. Die Verbraucher wünschen sich sogar solche Bezeichnungen als grobe Orientierung. Bisher sind deutschlandweit auch kaum Einkäufer aufgefallen, die eine echte Wurst kaufen wollten und irrtümlich mit der Veggievariante aus dem Laden rauskamen.

Das Problem ist nicht der Name, sondern das was häufig drin ist: nämlich eine hochprozessierte, mit unzähligen Zusatz- und Konservierungsstoffen zusammengerührte Nahrungsmasse. Typisch dafür sind die Ergebnisse beim „Test“ vegetarischer „Fleischprodukte“: Fünf Bratwürste und ein Schnitzel enthielten Besorgnis erregende Mengen an Mineral­ölbestand­teilen. Was haben die in Lebensmitteln zu suchen? Gute Frage! Dazu kommt der gummiartige Geschmack etlicher Produkte. Kein Mensch, der sich ernsthaft um eine vernünftige Ernährung mit weniger Fleisch bemüht, hat solche Fleisch-Alternativen verdient.

Schmidt stößt sich aber nicht an den indiskutablen Zutatenlisten und der Denaturierung solcher Produkte, sondern an ihrer Bezeichnung. Dass der Minister im engen zeitlichen Zusammenhang auch noch mehr Schweinefleisch in der Gemeinschaftsverpflegung für Schulen und Kindergärten fordert, verstärkt den Verdacht, dass es ihm im Kern nicht um Verbraucherschutz geht, sondern um Interessenpolitik für die kriselnde heimische Fleischindustrie.

Eine wachsende Zahl von Verbrauchern reduziert inzwischen ihren Fleisch- und Wurstkonsum. Wir von Slow Food finden das richtig. Das beunruhigt aber die Fleischbranche. Als Konsequenz versucht man jetzt, die Ersatzprodukte mit einer Verbotspolitik zu überziehen. Schmidt sollte sich lieber um die Ursachen des Veggiebooms kümmern. Es sind vor allem die Perversionen der Massentierhaltung, die immer mehr Verbraucher in die ethisch-moralisch begründete Flucht treiben, notfalls hin zu Veggiewürstchen aus dem Chemiebaukasten.

Es ist sicher nicht zufällig, dass der Minister mit seinen Verbotsforderungen zu einem Zeitpunkt um die Ecke kommt, da die Fleischersatzprodukte ein rasantes Wachstum hinlegen und der Fleischverbrauch stagniert. Wenn es Schmidt tatsächlich um den Kampf gegen Verbrauchertäuschung ginge, dann hätte er ein weites Feld zu beackern. Dann müsste dies der Auftakt für eine großartige, längst überfällige Kampagne für kulinarische Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit sein. Dann fangen wir doch mal an: Kalbsleberwurst enthält kaum Kalb, dafür aber reichlich Schwein. Vanilleeis kommt meist ohne jede Vanille aus, aber nicht ohne das weich gezeichnete Bild der entsprechenden Schote auf der Verpackung. Karottensaft wird zu großen Teilen aus Orangen gewonnen, Thüringer Buttermilch kommt aus Bayern, schwarze Oliven sind geschwärzt. Und der Himbeer-Rhabarbersaft von Netto enthält – Tusch! – amtlich festgestellte 0,1 Prozent Saft aus den bezeichneten Quellen. Es geht endlos weiter. In der Wildpastete grunzt munter das Hausschwein – und wie viel Milligramm Leber sind in Leberkäse und Leberwurst enthalten?

Verbrauchertäuschung, Irreführung, Betrug – es gäbe viel zu tun. Der Minister packt es lieber nicht an und bekämpft stattdessen die neue Veggiebewegung mit bezeichnungsrechtlichen Pirouetten. Die Antwort auf sein inkriminiertes Veggieschnitzel wird er am 21. Januar zu hören bekommen. Dann heißt es wieder: Wir haben es satt! Verbraucher demonstrieren für eine andere Landwirtschafts- und Verbraucherschutzpolitik. Die muss sehr viel mehr zu bieten haben als die Umbenennung von Veggie-Wurst zu Veggie-Vurst oder Veggieschnitzel zu vegetarischem Bratstück.

Sharon Sheets, Slow-Food Deutschland, Pressereferat

Das älteste Notenbuch ist verschwunden

Leonard Klimpke beleuchtet Geschichte der Gunzenhäuser Kirchenmusik

Bis in die Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg reicht die Kirchenmusik in der Stadt.  Leonard H. Klimpke hat diesen Aspekt der Stadtgeschichte aufgearbeitet und in „Alt-Gunzenhausen“ veröffentlicht. Der Autor studiert Musik für das Lehramt und Kirchenmusik. Er war übrigens mit 14 Jahren der jüngste Chorleiter Bayerns, als er vor fünf Jahren den Unterwurmbacher Kirchenchor übernahm.

Die Kirche hatte im Mittelalter noch einen dominierenden Stellenwert in der Gesellschaft. Gunzenhausen war 1528 protestantisch geworden. Der Reformator Martin Luther krempelte die Kirche um und führte den Gemeindegesang ein, die „musica scientia“ hatte neben der Theologie größte Bedeutung. 1569, also noch vor dem Dreißigjährigen Krieg, war Johannes Lang der erste Kantor in Gunzenhausen. Er war somit Vorgesetzter der Türmer, des Organisten und des Lateinschulchors. Dem Türmer war es aufgetragen, bei „ansehenlichen Zusammenkünften“ zu muszieren. Und der „Stadtpfeifer“ musste viele Instrumente spielen. Dafür erhielt er ein „frei Losament“, eine freie Wohnung in der Lateinschule und zehn Gulden von der Stadt und der Heiligenstiftung.  Der letzte Türmer war übrigens Johann Georg Fürst. Er beendete die lange Tradition, die 1482 begann.

Leonard H. Klimpke beklagt, dass es aus dem 16. bis 18. Jahrhundert keine Notenbände mehr gibt. Unter ungeklärten Umständen ist beispielsweise das älteste Notenbuch von 1656 verloren gegangen.

Das erste „Orgelwerklein“ wurde 1655 in der Stadtkirche eingerichtet, aber erst 1682 „zur vollständigen Perfektion gebracht“. Nach den Aufzeichnungen kam 1686 ein neues Instrument von dem Oettinger Orgelbauer Lamprecht in die Kirche, 1706 schließlich die „Markgrafenorgel“. Von einer älteren Spitalkirchenorgel ist wenig bekannt.  Streichinstrumente gab es erst im 17. Jahrhundert (Feuergeigen und Violon-Bassgeigen). Die Trompeten erklangen nur an den höchsten Feiertagen. Nur dem Fürsten war es vorbehalten, darüber zu befinden. Die Archivalien besagen, dass der Nürnberger Kupferschmied Hans Kelsch zwei kupferne Hörpauken für einen anonymen Spender nach Gunzenhausen geliefert hat.

Die Reformation wirkte sich auf die Kirchenmusik in der Stadt befruchtend aus, der Autor schreibt von einem „blühenden musikalischen Leben“. Den Sonntagsgottesdienst begleitete stets ein Ensemble von etwa zehn Musikern.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde ist für 15 Euro im Buchhandel erhältlich.

Der Arberger Amtmann von Grafeneck

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Ausschnitt aus einer Landkarte von 1580. So könnte das Schloss Arberg ausgesehen haben. Foto: StA Nürnberg

Karl Rieger widmet sich der Arberger Geschichte

Für die Beleuchtung der mittelalterlichen Geschichte von Arberg liefert Karl Rieger einen Beitrag in „Alt-Gunzenhausen“, dem Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen. Er widmet sich Johann Ulrich Freiherrn von Grafeneck,  dem Amtmann des eichstättischen Pflegamts Arberg von 1602 bis 1631.

Damals zählte das Arberger Amt an die 1600 Untertanen in Arberg selbst und den benachbarten Orten Großlellenfeld, Höhberg und  Heinersdorf, Ornbau, Ober- und Unterschönau, Georgenhaag, Gothendorf, Mörsach, Voggendorf, Mörlach, Wiesethbruck, Waffenmmühle, Obermühle, Taugenroth, Kemmathen, Gern, Weidenbach, Oberndorf, Haag und Leidendorf, ja etliche Höfe in Hambach, Hirschlach, Neuses, Oberlellenfeld, Oberschwaningen, Röttenbach, Oberasbach, Schweina, Steinabühl, Streudorf und Dittenheim gehörten dazu. Die Pfleger kamen u.a. aus vornehmen Familien des fränkischen Adels. Einer von ihnen war Raban Truchseß von Wilburgstetten, der später Fürstbischof von Eichstätt wurde.

Freiherr von Grafeneck stammte aus Schwabach. Von ihm weiß der Heimatkundler Karl Rieger, dass er 1570 geboren wurde und sich 1600 mit Maria von Closen, einer Jungfrau aus dem einflussreichen bayerischen Adelsgeschlecht,  vermählte.  In der Arberger Blasiuskirche sind noch heute zwei Epitaphien von zwei verstorbenen Kindern der Grafenecks zu sehen. In den Archivalien hat Rieger etliche Fälle von Rechtsstreit unter der Beteiligung Grafenecks gefunden. Es war die Zeit der Hexenverfolgungen. Zu den hingerichteten Frauen  zählten Appolonia Hartlieb, Anna Dennert, Appononia Veit und Anna Golder.  In den Arberger Pfarrmatrikeln finden sich auch die Namen von Stephan Beckler aus Mörlach, Martin Freieisen aus Röttenbach und Adam Billmeier aus Arberg, den ersten Kriegstoten des „Dreißigjährigen“. Die Soldaten des Schwedenkönigs Gustav Adolf bemächtigten sich des Arberger Landes und der eichstättische Amtmann musste fliehen. Das Amt ging an die Ansbacher Markgrafen.

Rieger wertet in seinem Beitrag auch Gerichtsakten (1603 bis 1616) aus, die für heutige Leser sehr amüsant erscheinen. Hanns Fürsetzel musste beispielsweise einen Gulden und vier Schilling Strafe zahlen, weil er den Torwärter Gerster „einen Lumpen gehaissen“ und auch sonst noch „gotteslästerliche Reden“ hielt. Der Arberger Schneider Martin Doschinger hatte sein Weib geschwängert bevor er es in die Kirche führte.  Insgesamt sind sage und schreibe an die 1600 Einzelurteile aus der Amtszeit Grafenecks dokumentiert.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ des Vereins für Heimatkunde ist für 15 Euro im örtlichen Buchhandel erhältlich.

Die Untererlbacher und ihr Schloss

Dr. Daniel Schönwald begibt sich auf Spurensuche

Ein Schloss im kleinen 60-Seelen-Dorf Untererlbach? Der Leser mag ungläubig staunen, vermisst er an der Straße nach Spalt doch einen herrschaftliche Residenz. Nun, ein prunktvolles Gebäude ist es nicht, eher ein unauffälliges altes Haus mit Scheune, das von der Baufälligkeit bedroht ist. Der Historiker Dr. Daniel Schönwald begibt sich  im Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ auf Spurensuche.

 Ansicht des Untererlbacher Schlösschens aus dem 17. Jahrhundert.

Ansicht des Untererlbacher Schlösschens aus dem 17. Jahrhundert. Foto: StA Nürnberg

Obgleich der Ort seit 1978 als Folge der Gemeindegebietsreform zur (katholischen) Stadt Spalt gehört, ist er kirchlich seit Jahrhunderten ein Teil von Kalbensteinberg (protestantisch). Vor zwei Jahren konnte der Ort sein 800-jähriges Jubiläum begehen. Schönwald, der in Kalbensteinberg beheimatet ist, beschäftigt sich schon allen berufwegen mit der Geschichte, denn er ist stellvertretender Leiter des landeskirchlichen Archivs in Nürnberg. Das Nürnberger Patriziergeschlecht der Rieter hatte bereits im 15. Jahrhundert Besitzungen nicht nur in Kalbensteinberg, sondern eben auch in Untererlbach. Das Schloss wurde im Dreißigjährigen Krieg von schwedischen Truppen zerstört (April 1648). Eine Karte aus dem 17. Jahrhundert hat Daniel Schönwald im Staatsarchiv entdeckt. Auf ihr ist das wiederaufgebaute Schloss dargestellt.

Einer, der die kleine Residenz bewohnte, war Paul Sigmund von einer Seitenlinie der Rieters. Er war das schwarze Schaf in der Familie. In Nürnberg tötete er bei einem Duell einen Menschen und verlor daher sein dortiges Bürgerrecht. Weil es „Misshelligkeiten“ mit dem Kalbensteinberger protestantischen Pfarrer gegeben hatte, trat Sigmund zum katholischen Glauben über und ließ sich vom Stadtpfarrer in Spalt speisen.  1661 starb Paul Sigmund 38-jährig, betrauert von seiner Frau Philippina Jacobina Rieter. Er ist in der Theilenberger Wenzelskirche begraben. Die einzige überlebende Tochter heiratete Kapitänleutnant Wolf Philipp von Leubelfing auf Falbenthal. Ernst Christian von Brandis, ein Neffe, war der letzte Leubelfing, denn das Geschlecht starb 1787 aus. Seine Tochter heiratete Christian Emil Le Suire von der in Muhr begüterten Familie. Das Schloss ging danach an die Familie von Brandis, die in oettingisch-wallersteinischen Diensten stand. Von Gottfried Ludwig von Brandis ist bekannt, dass er eine Stiftung zugunsten von armen Untererlbacher und Kalbensteinberger Kindern machte. Sein Erbe ging an Theobald Carl Franz Freiherr von Podewils, der Wohnhaus, (Schlösschen), Brauhaus, die Schankgerechtigkeit und 61 Tagwerk Landwirtschaft kurz vor seinem Tod an den Muhrer Ökonomen Johann Thomas Carl verkaufte. Der Bauer wollte die Herrschaftsempore in der Kalbensteinberger Kirche nutzten, aber das wurde ihm untersagt mit der Erklärung, nur die Pfarrer- und Lehrersfamilien dürften dort Platz nehmen.  Damit aber ließ sich der neue Eigner nicht abspeisen und nutzte die Stände trotzdem, wie der Fünfbronner Chronist Walter Salfner von seiner Mutter, einer geborenen Carl, zu berichten weiß.

Wie Schönwald auflistet, ging das Anwesen 1902 in jüdische Hände (Händler Albert Stark aus Muhr), nur ein Teil an den Carl-Sohn. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Anwesen die Zwischenstation von Flüchtlingen. Die Familie Carl ist bis heute Eigentümerin des vom Verfall bedrohten Hauses.

Das Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ ist für 15 Euro im örtlichen Buchhandel erhältlich.

Großräumiges Sanierungsgebiet

Konzept für Bebauung an der Nürnberger Straße in Weißenburg

Der Stadtrat hat für das großräumige Areal  an der  Nürnbergerstraße von der Schulhausstraße bis zur Schwärzgasse Vorstellungen entwickelt und will dort ein Sanierungsprogramm realisieren.  Der Abbruch der ehemaligen Auernhammerschen Fabrik ist bereits erfolgt.  Auf dem Gelände sollen nach den Vorstellungen des Stadtrats eine Service-Wohnanlage für Senioren mit Tiefgarage, Bürogebäude, Tagespflegeinrichtung sowie ein weiteres Ärzte- und Bürogebäude entstehen.

Über die bisherige Nutzung mit einem Gemisch aus Villen, Fabriken und Wohnhäusern schreibt Stadtarchivar Reiner Kammerl  (Zwischen Ellinger Tor und Schwärzgasse“) in der neuen Ausgabe von „villa nostra“.

„villa nostra“ ist kostenlos über die Stadtverwaltung Weißenburg zu beziehen.

Das Doppelspiel der Seehofer-CSU durchschauen!

Trotz Bedrohung die Grundwerte nicht opfern!

Im Wahljahr 2017 dürfen wir der Seehofer-CSU ihre Doppelstrategie nicht durchgehen lassen. Die bayerische Regierungspartei gebährdet sich in Berlin als Schoßhündchen von Merkel und Gabriel und kuschelt mit ihnen auf dem Bettvorleger, aber in München kläfft sie und zeigt ihre Zähne. Ich denke, der Wähler durchschaut allmählich die Doppelspielchen. Ich frage mich: Wie lange lassen sich die honorigen Menschen in der CSU das „hü“ und „hott“ von Seehofer noch gefallen? Der Ministerpräsident hat den Ansehensverlust der Partei zu verantworten. Und doch möchte er sich hinstellen und  jene Wähler auf seine Seite ziehen, die die Nase von der „GroKo“ in Berlin gestrichen voll haben. Aber so dumm sind die Wähler 2017 nicht mehr. FJS mag das noch gelungen sein, aber Seehofer hat verspielt. Er gibt keine Richtung vor und führt nicht, sondern er redet den Menschen nach dem Mund – heute hier und morgen da. Und er spielt seine Leute permanent in einer menschlich unwürdigen Weise gegeneinander aus.  So ein Verhalten gehört sich abgestraft. „Drehofer“ hat die CSU heruntergewirtschaftet. Oder soll seine Diskussionskultur etwa Vorbild sein für andere?werner

Wer bietet sich den verärgerten und enttäuschten CSU-Wählern als Alternative an? Gewiss zu einem Teil die AfD, die den Ewiggestrigen eine politische Heimat bietet. Aber die Enttäuschten, die immer der CSU die Treue gehalten haben, sehen nicht die Gefahren, die ein Rechtsruck in Deutschland bedeuten kann. Die Geschichte darf sich nicht wiederholen! Auch in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts wollten die enttäuschten  Wähler nur „Warnschüsse“ abgeben – und doch sind daraus im wahrsten Sinne des Wortes Kanonen geworden. Soweit darf es nicht ein zweites Mal kommen! Wir haben nicht einen Rechts- und Wohlstandsstaat geschaffen, um ihn von Ewiggestrigen zerstören zu lassen. Einen „kleinen Hitler“, wie sich ihn manche Wähler heute wünschen, um den etablierten Berliner Parteien eins auszuwischen, gibt es nicht. Auch das haben wir leidvoll erfahren müssen. Nicht einmal im Ansatz darf es wieder so kommen. Damit meine ich ein AfD-Wahlergebnis in unseren fränkisch-protestantischen Gemeinden von über 15 Prozent.

Rechtsstaatlichkeit und soziale Marktwirtschaft sind politische Errungenschaften, die ohne die FDP nicht erreicht worden wären. Die liberale Partei hat bleibende Verdienste, aber sie kann sich darauf nicht ausruhen. Sie hat in einem schmerzlichen Prozess erkannt, dass es nicht reicht, immer nur der Mehrheitsbeschaffer sein zu wollen. Darunter hat ihr Profil gelitten. Heute können wir sagen: Christian Lindner hat die am Boden gelegene FDP wieder aufgerichtet, ihr den neuen Weg gewiesen. Und der führt in unserer digitalen Welt zur Forderung nach mehr Schutz des Menschen vor der drohenden Vereinnahmung durch Systeme, die nicht mehr kontrollierbar sind. Bei allem Fortschritt, den uns das Computerzeitalter gebracht hat: Wir wollen uns nicht  verweigern, wie sich Liberale nie gegen den Fortschritt gestellt haben, aber wir wollen denen eine Stimme geben, die sich Sorgen machen um die grundgesetzlich garantierten Werte: die  Unverletzlichkeit der Würde des Menschen und ihres direkten Umfelds.  Der gläserne Mensch darf nicht der schutzlose Mensch sein! Das ist die FDP-Botschaft von heute. Wir erleben heute schon mit Entsetzen, wozu ein Shitestorm in den vielzitierten sozialen Netzwerken führen kann.

Wir schätzen die Erfolge der freien Marktwirtschaft in der Welt, aber wir sehen auch, dass die Zügellosigkeit der Mächte (wir reden von weltweiten Konzernen und nicht etwa von deutschen Großbetrieben) die sozialen Aspekte an den Rand gedrängt hat. Deshalb ist eine neue Bewertung notwendig, die nicht nur die Besteuerung menschlicher Arbeit kennt, sondern auch die von Computern und Maschinen. Wir stehen meines Erachtens vor einer großen Aufgabe. Wieder einmal können wir als Deutsche zeigen, welche Gestaltungskräfte in unserem Volk stecken. Wir müssen die Aufgaben angehen mit einer Politik der sozialen Verantwortung und der individuellen Freiheit, denn nur sie kann der Garant sein für eine friedliche Entwicklung in Deutschland und der ganzen  Welt.

Werner Falk, Stadtrat der FDP in Gunzenhausen

„Alt-Gunzenhausen“ erschienen

Zehn Autoren sind mit zwölf Beiträgen im Jahrbuch vertreten

Im gleichen Umfang wie in den Vorjahren kann der Verein für Heimatkunde Gunzenhausen heuer sein 71. Jahrbuch „Alt-Gunzenhausen“ den Mitgliedern als Jahresgabe vorlegen. Die Beiträge der Autoren sind vielseitig und reichen von mittelalterlichen Flurordnungen in den Landkreisgemeinden bis zum neuzeitlichen Tanzcafe in Gunzenhausen. Ich wünsche dem  71. Jahrbuch viele interessierte Leser. Am Ende der Beiträge gibt es eine Auflistung aller bisherigen Jahrbücher mit den textlichen Inhalten. Gerne gibt der Verein im Archiv befindliche Exemplare an interessierte Heimatfreunde weiter.

alt-gun-71Das Jahrbuch 71 ist im Gunzenhäuser Buchhandel für 15 Euro erhältlich (oder beim Vorsitzenden).

Nun zur neuen Ausgabe von „Alt-Gunzenhausen“. Wie war die Rolle des Deutschen Ordens als Stadtherr? Florian Geidner, ein Wolframs-Eschenbacher, geht der Frage am Beispiel seiner Heimatstadt nach und skizziert die Ordens- und Regionalgeschichte. Im Staatsarchiv Nürnberg hat er umfangreiches Material dazu gefunden.

Der Kirchenmusik von 1526 bis 1806 in Gunzenhausen widmet sich Leonard H. Klimpke, ein begnadeter junger Musiker. An vielen Beispielen erläutert er die Bedeutung der geistlichen Musik in der frühen Neuzeit. Anders als heute hatte die Kirche in den vergangenen Jahrhunderten eine zentralen Stellenwert in der Gesellschaft.  Übrigens:  2016 ist seine Seminararbeit als eine von sieben in Bayern mit dem Preis des Bayerischen Clubs zur Förderung der bayerischen Kultur ausgezeichnet worden.

Im Jahrbuch 70 hatte Karl Rieger (Arberg) schon über die Eigentümlichkeiten einer mittelalterlichen Sauhatz berichtet, nun stellt er Johann Ulrich Freiherrn von Grafeneck, den Amtmann des eichstättischen Pflegamts Arberg von 1602 bis 1631 vor. In seiner Amtszeit wurden an die 1600 Einzelurteile gesprochen – und alle sind dokumentiert.

Zunächst wird der Leser ungläubig staunen: Ein Schlösschen in Untererlbach?  Dr. Daniel Schönwald (Kalbensteinberg), der stellvertretender Leiter des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg,  stellt die Untererlbacher Schlossgeschichte vor. Seine Arbeit ist zugleich ein Beitrag zur Häusergeschichte des Dorfes, das heute ein Ortsteil von Spalt ist.

Von der Weißenburger Autorin Sieglinde Buchner erfahren die Leser alles über „Die Herren Teufel von Pirkensee, Gunzenhäuser Oberamtmänner im 18. Jahrhundert“. Auf ihn bezieht sich auch der Text  einer Tafel, die an einem Haus in der Weißenburger Straße angebracht ist. „Der Teufel einst die Stadt regierte…“ heißt es dort. Gemeint ist nicht etwa der Böse, sondern Carl Wilhelm Teufel von Pirkensee.

Im Laubenzedeler Familienbuch ist eine Karte als Illustration enthalten, die Dr. Daniel Schönwald in seinem Beitrag „Laubenzedel im Kartenbild von 1799“ erläutert. Gezeichnet hat sie der Pfarrvikar Georg Ludwig Wilhelm Frobenius nach einem Entwurf des markgräflichen Landvermessers Johann Michael Bürklein. Übrigens ein Familienname, der damals schon genannt wurde, ist bis heute gegenwärtig: Zischler.

Der Leser erinnert sich an die von Kontroversen geprägte Heidenheimer Kommunalpolitik der vergangenen Jahre, wenn er Werner Kuglers Beitrag „Staatsgut veräußert“ liest. Es geht um den Verkauf des klösterlichen Schafhofs in Heidenheim. Uneinig waren sich die Heidenheimer Bürger schon im 18. Jahrhundert, und einige meinten, sie hätten besondere Rechte. Freilich: damals ging es „nur“ um das Weidegeld.

Autor Werner Kugler, der vormalige evangelische Dekan, charakterisiert in seinem zweiten Beitrag Markgräfin Friederike Caroline und ruft ihren Tod im Schloss Unterschwaningen in Erinnerung. Markgraf Carl Alexander, der letzte in der Riege der Ansbach-Brandenburger Fürsten, hatte sie ins „Exil“ abgeschoben.  Er wandte sich französischen und englischen Frauen zu und soll nicht einmal an dem Begräbnis seiner ersten Frau teilgenommen haben.

1799 entschloss sich die Stadt Gunzenhausen eine neue Feuerspritze zu erwerben und um die hohen Anschaffungskosten für den Stadtsäckel etwas zu mildern, wurde von den Einwohnern ein finanzieller Beitrag erhoben. Werner Mühlhäußer, Stadtarchivar von Gunzenhausen und 2. Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde,  untersucht in seinem Beitrag, das in diesem Zusammenhang entstandene Register der Hausbesitzer und liefert interessante Informationen zur Familien-, Häuser- und Wirtschaftsgeschichte gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als Gunzenhausen kurz vor dem Übergang vom Königreich Preußen ins neu geschaffene Königreich Bayern stand.

Auf die Geschichte des  Gunzenhäuser Holzgartens im 19. Jahrhundert geht Werner Neumann (Weißenburg) ein. Er hat sich von 1827 an an der Ecke Hensoltstraße/Sonnenstraße befunden und war 4300 Quadratmeter groß. Spezielle die Bäcker, aber auch andere Handwerker und Bürger, nutzten die Lagerstätte, die aus feuerpolizeilichen Gründen am Rande der Stadt postitioniert war. Aufgelassen wude der Holzgarten 1900, allerdings  gab es bis 1948 an der Frickenfelder Straße einen Holzlagerplatz.

„Gemeinderecht, Gemeinheitsteilung, Flurbereinigung“. Unter diesem Titel  ergänzt Dr. Adolf Meier (Weißenburg) seine Abhandlung, die im Jahrbuch 70 veröffentlicht ist. Er zeichnet die Besitzverhältnisse und Nutzungsrechte der Grundstückseigentümer von Döckingen, Markt Berolzheim, Theilenhofen, Gundelsheim, Merkendorf und Hirschlach (mit Neuses)  in akribischer Genauigkeit auf.

Aus der Feder von Lisa Biller (Gunzenhausen) stammt der populärwissenschaftliche Beitrag „50 Jahre Musikveranstaltungen im Gunzenhäuser Tanzcafe Holderied“. Generationen von Gunzenhäusern kennen den „Spitz“, denn sie haben dort bis 1988 ihre Tanzabende erlebt.  Auch danach war das Tagescafe von „Bertl“ und Inge Holderied  (bis zum Verkauf im Jahr 2000) eine Gunzenhäuser Institution.

Werner Falk, Vorsitzender

Jiddisch – ganz populär

Der Dialekt hat Eingang in unsere Umgangssprache gefunden

Der Kniefiesler wird selten in die Beize gehen, weil er zu pedantisch und geizig ist. Und deshalb muss er dort auch keinen Blämbel trinken und kommt nicht beschiggert heim. Allein in diesen beiden Sätzen verbergen sich viele Begriffe, die aus dem Hebräischen kommen und als jiddischer Dialekt gesprochen werden. Sie haben über die Jahrzehnte Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden. Eine kleine Kostprobe wollen wir servieren:

Schächder (großes Messer)

Verkolen (anlügen)

Stenz (Taugenichts)

Zinken (große Nase)

Kniefiesler (Geizkragen)

Schmiere stehen (Wache halten)

Macke (Druckstelle im Obst)

koscher sein (rein)

Beize (Kneipe)

Blämbel (schlechtes Bier)

Beschiggert sein (angetrunken)

Einseifen (betrunken machen)

Ausbaldowern (etwas besprechen)

Mauscheln (krumme Geschäfte)

Stuss (dummes Gerede)

Tacheles reden (zur Sache)

Herumeiern (herumreden)

Geschufa (eine Antwort geben)

Schiggslein (junge Frau)

Schnorrer (Bettler)

Hirndibbel (dummer Mensch)

Meschugger (Verrückter)

Glöfel (ungehobelter Mensch)

Schoufel sein (unhöflich)

Malocher (Schwerarbeiter)

Mies sein (schlechter Charakter)

Zoff (Wut)

Mores (Respekt haben)

Massel (Glück haben)

Schlamassel (ungünstige Situation)

Stigsen (heimlich entwenden)

Schnorren (betteln)

Verschammerieren (verlegen)

Massemadden (unsaubere Geschäfte)

Beducht sein (reich)

Schummeln (betrügen)

Einseifen (hereinlegen)

Vermasseln (Geschäft versauen)

Dinnef (wertloses Zeug)

Kluft (Arbeitskleidung)

Neben diesen jiddischen Ausdrücken gibt es noch die Geheimsprache der Viehhändler: lachoudisch. Am lebendigsten geblieben ist sie in Schopfloch, wo noch heute die Faschingsgesellschaft den Namen „Medine“ trägt. Im Schillingsfürster Raum war einst das Jenisch (oder Rotwelsch) verbreitet, eine Geheimsprache, die der Zigeunersprache entnommen ist.

Das „Wörterbuch von Mittelfranken“ ist eine einzigartige Fundstelle für fränkische Mundartbegriffe. Es ist im Verlag Könighausen & Neumann erschienen (ISBN 3-8260-1865-0).

Bei der Wahrheit bleiben!

Einschätzung der politischen Lage von Stadtrat Werner Falk (FDP)

Was haben wir in den letzten zwölf Monaten nicht alles hören müssen an schlechten Meldungen? Zugegeben: es hat auch gute Nachrichten gegeben, aber die gehen vielfach unter, weil der Mensch nun einmal dazu neigt, vieles für selbstverständlich zu halten.

Gemehrt haben sich in den letzten Wochen die Beiträge von verantwortlichen Politikern (aber auch Journalisten), die vor einer Nachrichten-Hybris warnen. Ich gebe nur das Stichwort:  Fake News. Die neuen Medien sind eine tolle Sache und ich nutze sie gerne, aber sie dürfen kein Freibrief für Beleidigungen, die Verbreitung von gefälschten Nachrichten oder für kriminelle Handlungen sein. Ich fürchte, die Menschen können so nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden. Sie nehmen als bare Münze, was sie im Internet vorgesetzt bekommen. Das ruft nach einer Kontrolle von Facebook, Twitter und anderen sozialen Netzwerken. Sicher ist es problematisch, den freien Fluss der Meinungen zu unterbinden, den das Internet schier grenzenlos bietet, aber es darf nach

Mit Enkelsohn Max geht Stadtrat Werner Falk optimistisch in das neue Jahr

Mit Enkelsohn Max geht Stadtrat Werner Falk optimistisch in das neue Jahr

meiner Meinung einfach nicht sein, dass offensichtlich mit Unwahrheiten politische Stimmung gemacht wird. Viele Menschen sind bei der Flut von Online-Kommentaren überfordert, die Spreu vom Weizen zu trennen. Wozu das im Extremfall führen kann, das zeigen uns die Vorkommnisse im amerikanischen Wahlkampf. Wenn der gleiche Shitstorm auf uns hereinbricht, dann gute Nacht Deutschland! Wie gut, dass wir in unserem Land noch Medien haben, die nach journalistisch-sauberen Methoden arbeiten. Ich darf hier die gesellschaftspolitische Analyse von Hans-Peter Kastenhuber in den Nürnberger Nachrichten erwähnen, die herausragt aus dem Worthülsen-Blabla mancher Meinungsmacher.

Verantwortung tragen für Deutschland, dazu fordert die Bundestagswahl im Herbst 2017 auf – und zwar Wähler wie Politiker.  Die Menschen müssen die Welt so nehmen wie sie nun einmal ist, aber immer im Bestreben sie besser zu machen. Es gilt doch nach wie vor das Versprechen: Wir haben aus der Vergangenheit gelernt und wollen nie mehr eine totalitäre Herrschaft zulassen! Und doch gibt es Ansätze, dass die Menschen im Land nichts mehr davon wissen wollen. Das hat mehrere Gründe. Ein Teil zählt sich zu den „Vergessenen“, die empfinden, zu kurz zu kommen in unserer Gesellschaft.  Sie haben Anspruch auf eine gerechte Behandlung. Es gibt aber auch sehr, sehr viele Menschen bei uns, die sich zu den „Abgehängten“ zählen, aber objektiv keinen Grund dazu haben. Es erschüttert mich immer wieder, wenn ich in Meinungsumfragen von Menschen höre, mit Deutschland stehe es ganz schlecht, aber die – im zweiten Teil der Frage – ihre eigene Befindlichkeit als gut bis sehr gut einschätzen. Da stimmt doch einiges nicht! Ich glaube, dass sich zu viele Menschen etwas vormachen lassen, zu leichtgläubig sind im Konsum der Nachrichten und einfach nachreden, was ihnen vorgesagt wird.  Der es gilt immer noch: der Staat ist die Summe seiner Bürger. Wenn es denen so furchtbar schlecht ginge, dann stünde Deutschland nicht so glänzend da in der Welt, wobei ich diese Feststellung nicht nur auf unseren wirtschaftlichen Wohlstand beziehen möchte.

Gleichwohl müssen wir darauf achten, dass die Schere der gesellschaftlichen Entwicklung nicht weiter auseinandergeht und wir keine Zwei-Klassen-Gesellschaft bekommen. Einem solchen Trend müssen nicht nur die Sozialpolitiker in den Parteien entgegenwirken. Es war früher und ist heute Ausdruck einer sozial verantwortbaren liberalen Gesellschaftspolitik, die Dinge auszupendeln. Wir haben heute quasi Hochkonjunktur, die manche Probleme an den Rand drückt. Aber was passiert, wenn sie nachlässt oder gar umschlägt? Dann werden die sozialen Spannungen steigen. In dieser Situation ist es wichtig, die benachteiligten Menschen aufzufangen, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie von der Gesellschaft gebraucht werden, auch wenn sie nicht mehr so viel leisten können wie in einer vitaleren Phase ihres Lebens. Und das sollten wir auch tun, um dem politischen Extremismus die Chancen zu nehmen. Die Menschen, die heute meinen, nur die AfD könne ihnen helfen, geraten in die gleiche Falle wie unsere Väter und Großväter. Davor bewahre uns Gott!

Wir können jetzt schon beobachten, dass immer drängender über die Reform unseres Sozialsystems nachgedacht wird, und zwar einer, von der die gesamte Gesellschaft profitiert.  Es wird diskutiert, nicht mehr hauptsächlich die Arbeit zu besteuern, sondern verstärkt Maschinen und Computer.  Warum sollte das wirtschaftlich so potente Deutschland nicht das Experiment wagen und ein Sozialsystem korrigieren, das aufgrund der veränderten demografischen Entwicklung nicht mehr funktioniert? Wir sollten derlei Pläne nicht gleich im Keime ersticken, weil sie ungewöhnlich sind. Gerade große liberale Unternehmer haben – so erklärt uns die Geschichte – modellhafte soziale Konzeptionen auf den Weg gebracht.